Alles, was wir hören, ist Klang – ob daraus im besten Falle ein sinnlich-musikalisches Abenteuer entsteht, liegt vor allem an uns Hörenden selbst. Wir haben es sozusagen im Ohr, wie wir uns auf die Klänge und akustischen Signale einlassen, die uns im Alltag wie im Konzertsaal begegnen. Für einen Geräuschesammler wie mich können Musikstücke überall entstehen, ob durch Zufall oder geplant; auch ein einfaches Naturereignis kann zum überwältigenden Konzert werden. Es liegt letztlich an der Perspektive des Betrachtenden, wie diese Wirklichkeit, der man sich gegenübersieht, wahrgenommen wird.
Wir lernen Lesen, Schreiben, Sprechen – aber Hören und Sehen scheinen Automatismen zu sein, die einfach irgendwie funktionieren und wir verlassen uns darauf, die Welt hauptsächlich über diese beiden Sinne wahrzunehmen. Dabei ist insbesondere Hören für mich ebenso eine Kulturtechnik, die man lernen und üben kann. So verändert sich das schlichte Hören zum Zu-Hören, oder besser: Hin-Hören.
Als kreativer Entdeckungsvorgang ist es bereits Teil des musikalischen Prozesses – und wir sind mittendrin. Jedes Konzert ist ein Angebot an unsere geschärften Sinne, an Ohr, Auge, Nase, Haut oder Herz. Es ist der Aufbruch zu einer Abenteuerreise, die uns beglückende Möglichkeiten bietet, unsere akustische Welt immer wieder neu und anders zu erfahren.
Musik kann alles sein: kunterbunt, schwerelos, pulsierend, taumelnd, lasziv, nahbar, selbstredend oder abenteuerlich … Nur eines ist sie nie: ein unbewegliches, anbetungswürdiges, museales Ausstellungsstück, das von Zeit zu Zeit abgestaubt wird, um uns an den einstigen Glanz zu erinnern.
Sie ist in stetiger Veränderung, entsteht immer im Moment, egal ob improvisiert oder komponiert, egal in welchem Jahrhundert erfunden, egal ob ausgetüftelt oder dem Zufall überlassen – sie befindet sich in einem unendlichen Prozess der Verwandlung und ist somit ein immer neuer, lebendiger Organismus. Sie entsteht in der Zeit, die wir ihr schenken, um sie wahrzunehmen.
Mein Wunsch also: Nehmen wir sie uns, diese Zeit – seien wir präsent und offen für ein Erlebnis!
Johannes Fischer