„Glücksgefühl Bühne“

„Glücksgefühl Bühne“

Camilla Nylund – Starsopranistin mit Liedern von Richard Strauss zu Gast bei den Duisburger Philharmonikern

Bühnenluft schnupperte Camilla Nylund schon als junges Mädchen. Damals sang sie mit Feuereifer im Chor. „Die jährlichen Opernaufführungen in meiner Heimatstadt Vaasa waren immer etwas Besonderes“, erinnert sie sich. Schon mit zwölf Jahren wollte sie Gesangsunterricht nehmen, musste sich aber noch zwei weitere Jahre gedulden; in der Zwischenzeit verfolgte sie ihre Leidenschaft in der Schule, wo auch Musicals gespielt wurden. Später besuchte sie Meisterkurse in Österreich.

Nach dem Abitur war der Berufswunsch klar: Sängerin wollte sie werden. Erstes Ziel war ein Studium an der Sibelius Akademie, der wohl renommiertesten Musikhochschule Finnlands. Schaut man sich heute die Weltkarriere der Sopranistin an, mag man kaum glauben, dass sie dort zunächst abgelehnt wurde. Erst im zweiten Anlauf wurde sie am Mozarteum in Salzburg angenommen. „Aus heutiger Perspektive ein Glück“, erzählt sie. „In Finnland wäre es sicherlich schwieriger gewesen, dann auch im Ausland Fuß zu fassen“. Ihr erstes Engagement führte sie nach Hannover. „Es ist schon schön, wie sich der Kreis geschlossen hat. In Hannover hatte meine Lehrerin Eva Illes ihren letzten Auftritt und ich meinen ersten.“

Nach ihrem herausragenden Debüt an der Niedersächsischen Staatsoper Hannover war sie dort von 1995 bis 1999 Ensemblemitglied. Der große internationale Durchbruch kam mit der Spielzeit 2004/2005 mit zahlreichen Rollendebüts: als Elisabeth („Tannhäuser“) an der Bayerischen Staatsoper in München, als Salome in Köln, als Leonore („Fidelio“) am Opernhaus Zürich. Diese drei Partien wurden Paraderollen für Camilla Nylund. Bei den Bayreuther Festspielen debütierte sie 2011 als Elisabeth im „Tannhäuser“. Dort lernte sie auch Axel Kober kennen. „Als das Angebot aus Duisburg kam, standen die ‚Vier Letzten Lieder‘ von Strauss im Raum. Und Axel Kober fragte mich, ob ich noch weitere Strauss-Lieder singen wollte. Er hat dann Vorschläge gemacht und dann haben wir gemeinsam das Programm zusammengestellt. Das ist schon toll, so ein richtiges Strauss-Programm singen zu dürfen.“

Einige der Lieder hat Camilla Nylund schon oft gesungen, einige davon aber vor sehr langer Zeit. „Ich glaube das ‚Wiegenlied‘ vor mehr als 20 Jahren und das ‚Ständchen‘ singe ich zum ersten Mal.“ Highlight des Programms sind die inmitten des kriegszerstörten Europas entstandenen „Vier letzten Lieder“ von Richard Strauss. „Die Stücke, die ich singen werde, sind alle sehr verschieden, genauso wie die ‚Vier Letzten Lieder‘. Wie in ‚Im Abendrot‘ Text und Musik zusammenkommen, das ist ein wunderschöner Moment. Danach kann man nichts mehr singen.“

Mittlerweile gibt Camilla Nylund ihre Erfahrungen in Meisterkursen, u.a. in Bayreuth, auch an junge Kolleg*innen weiter. „Leider ist dafür wenig Zeit und es bleibt immer ein Ausschnitt, man kann aber Impulse und Ideen weitergeben.“ Davon hat die Sängerin in ihrer erfolgreichen Karriere viele gesammelt. Ein Liederabend sei mitunter schwieriger zu singen als eine Oper. „Die Oper ist je nach Rolle schon ein Kraftakt, aber man kommt lange vorher ins Theater, wird geschminkt, angekleidet, singt sich ein. Man hat so seine Rituale, um sich langsam auf die Rolle einzulassen. Auf der Konzertbühne gibt es auch nicht so lange Probezeiten und dann muss man im Konzert schnell die Stimmungen und Atmosphäre wechseln.“ Auch das Publikum spürt sie – da kein Orchestergraben dazwischen – viel direkter. „Manche schlafen sofort ein“, erklärt sie lachend. „Ja, man bekommt viel mit, ob die Zuhörer konzentriert sind, wie sie alles mitverfolgen. Das schätze ich sehr.“

Auch ihr Ehemann Anton Saris ist Sänger. Mit dem holländischen Tenor lebt sie mit den beiden Töchtern in Dresden. Die Älteste möchte in die Fußstapfen der Eltern treten. „Ich hatte das Glück, dass meine Eltern mich unterstützt haben und nicht gesagt haben, ich solle erst einmal eine ‚vernünftige‘ Ausbildung machen. Natürlich möchte man seinem Kind Probleme ersparen, aber so funktioniert das nicht. Sie muss ihren eigenen Weg gehen. Aber wenn sie das Glückgefühl auf der Bühne bekommt wie ich es kenne und liebe – dann ist alles gut.“

Anja Renczikowski

Foto: annas-foto.de

Auftritte in der Spielzeit 2019/2020: