Tönende Architektur
4. Philharmonisches Konzert
Duisburger Philharmoniker
Radek Baborák Dirigent und Horn
Stephan Dreizehnter Flöte
Viola Wilmsen Oboe
Jens-Hinrich Thomsen Fagott
Es liest sich fast wie eine Detektivgeschichte. Dass Wolfgang Amadeus Mozart 1778 in Paris eine Sinfonia concertante für vier Bläser und Orchester schrieb, gilt als gesichert. Allerdings kam sie infolge zeitüblicher Intrigen nicht zur Aufführung, die Partitur ist verschollen. Um 1867 fiel dem bedeutenden Mozart-Forscher Otto Jahn die Abschrift eines Werkes in die Hände, das er für die verlorene Mozart-Sinfonie hielt. Allerdings barg der Fund einen erheblichen Schönheitsfehler: Neben Oboe, Horn und Fagott ist hier eine Klarinette besetzt, nicht die von Mozart bezeugte Flöte. Also doch nur ein untergeschobenes Werk, eine „Kuckucks-Sinfonie“? Oder eine Bearbeitung von fremder Hand? Diese These vertritt der amerikanische Musikologe Robert D. Levin, der 1991 eine äußerst überzeugende Rekonstruktion der mutmaßlichen Originalfassung vorlegte.
Ob echt oder falsch, ob Flöte oder Klarinette – das stimmungsvolle und melodisch reiche Werk ist aus dem Musikleben nicht mehr wegzudenken. In Duisburg erklingt es unter Leitung und solistischer Mitwirkung von Radek Baborák. Der brillante tschechische Hornist war hier in der Spielzeit 2015/2016 als „Artist in Residence“ engagiert und begeisterte das Publikum in der vergangenen Saison mit einem gleichfalls „zweifelhaften“ Doppelkonzert von Joseph Haydn. An Radek Baboráks Seite musizieren mit Stephan Dreizehnter (Flöte) und Jens-Hinrich Thomsen (Fagott) zwei Solo-Bläser der Duisburger Philharmoniker; vierte im Bunde ist ECHO-Preisträgerin Viola Wilmsen, die seit 2012 als Solo-Oboistin des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin wirkt.
Seit Radek Baborák 2008 bei einer Tournee für den erkrankten Seiji Ozawa einsprang, hat er seine Dirigenten-Karriere zielstrebig weiterentwickelt. Ozawa blieb dabei sein großer Mentor, bei dem er sich in den folgenden Jahren immer wieder Rat und Anregung holte. Mit der „Fünften“ von Anton Bruckner legt der Maestro den Duisburger Philharmonikern ein gewaltiges Werk auf die Pulte: Die 1876 vollendete Sinfonie erweckt eine versunkene Klangwelt glaubensfester Choräle und strenger Fugenkunst zum Leben. Alle äußere Bewegung ist in innere Schwingung verwandelt; die musikalische Form wird zur tönenden Architektur.
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Wir widmen dieses Konzert dem 70. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und dem 50. Geburtstag der Duisburger Gruppe von Amnesty International.