Anna Vinnitskaya: Doppeltes Debüt

Anna Vinnitskaya: Doppeltes Debüt

Die Pianistin zu Gast mit Johannes Brahms 2. Klavierkonzert

Erst Bach – jetzt Brahms
Im März 2017 war sie mit ihrem ehemaligen Lehrer Evgeni und seiner Frau Ljupka Hadzi-Georgieva sowie dem Pianisten Stepan Simonian in Duisburg zu Gast. Gemeinsam spielten sie die geistvollen wie spielfreudigen Klavierkonzert für zwei, drei und vier Klaviere und Orchester von Johann Sebastian Bach. Ein sensationeller und vor allem außergewöhnlicher Abend. Erst kürzlich ist eine CD mit ihnen und der Kammer­akademie Potsdam mit diesen Konzerten erschienen. In Duisburg wird sie diesmal erstmalig das zweite Klavier­konzert von Johannes Brahms spielen. „Brahms war mein Vorschlag“, erzählt sie. „Ich liebe dieses Konzert seit meiner Kindheit. Aber öffentlich werde ich es hier in Duisburg zum ersten Mal spielen. Ich konzertiere oft mit russischen Programmen, jetzt hier Brahms zu spielen, ist etwas besonders“. Schon lange vertraut ist die Pianistin mit dem ersten Klavier­konzert von Johannes Brahms und auch in Solo-Rezitalen steht seine Musik immer wieder auf dem Programm.

Anna Vinnitskaya · Foto: Marco BorggreveÜber Musik nachdenken
Pro Saison studiert die im russischen Novorossijsk geborene Pianistin jeweils nur ein neues Klavierkonzert und ein neues Rezital-Programm ein. „Nur“ ist übertrieben, wenn man bedenkt, dass sie neben dem Familien­leben und dem Konzertieren auch an der Hamburger Musik­hoch­schule unter­richtet. Dort, wo sie selbst als 18-jährige Studentin von Evgeni Koroliov begann und dann schon mit 25 Jahren zur Professorin berufen wurde. Mittler­weile ist die Gewinnerin des Concours Reine Elisabeth im Jahr 2007 eine gefragte Pianistin, war u.a. „Artist in Residence“ beim WDR Sinfonieorchester und debütierte vor zwei Wochen bei den Berliner Philharmonikern. Ihr Wissen und ihre Erfahrung gibt sie gerne an ihre Studenten weiter. „Es geht um Bühnen­erfahrung, Dinge, die man in den vielen Jahren des Konzer­tierens lernt und dann weiter­geben kann, wie man über Musik nach­denkt und wie man mit den Situationen umgeht.“ Von Koroliov habe sie gelernt, „mit der Seele zu spielen und wirklich etwas von sich selbst zu nehmen, und zu spielen, was man in sich trägt.“

Ein neuer Flügel für Duisburg
Anna Vinnitskaya wird auch immer wieder gerne zu Rat gezogen, wenn es um die Wahl eines neuen Konzert­flügels geht. Mit ihrem Konzert am 9. und 10. Oktober spielt sie nicht nur erstmalig Brahms Klavier­konzert Nr. 2 B-Dur op. 83, sondern weiht gleichzeitig auch den neuen Steinway-Flügel der Duisburger Philharmoniker ein. Gemeinsam mit Evgeni Koroliov und Ljupka Hadzi-Georgieva hatte sie das Instrument vor einiger Zeit in Hamburg im Steinway-Haus ausgewählt. „Ich mache das jetzt schon seit über 15 Jahren und jedes Mal ist es eine Überraschung!“, berichtet sie. „Wir hatten drei Runden. Zuletzt blieb von den ca. zehn Instrumenten, die zur Auswahl standen, in der letzten Runde drei Instrumente übrig. Und dann wurde es richtig schwierig“, erzählt sie lachend. „Es hat lange gedauert, bis wir uns einig waren. Der Flügel soll ja für ein möglichst großes Repertoire­spektrum passend sein, für Musik von Bach genauso wie von Strawinsky, Musik von Barock bis zur Moderne. Er sollte also sehr vielseitig sein. Natürlich muss man bei der Auswahl auch immer den Saal bedenken, wo er stehen wird. Und da war es gut, dass wir drei alle schon in der Philharmonie Mercator­halle gespielt haben. Nun bin ich gespannt, wie er sich im Saal macht und wie er wirkt. So ein Steinway braucht auch seine Zeit, auch er muss sich an den Saal gewöhnen.“ Gespannt ist sie auch auf die Reaktion des Publikums. Gerne erinnert sie sich an das Konzert mit den Bach-Konzerten: „Die Musik ist großartig, aber ich hatte doch ein wenig die Befürchtung, dass es zu viel sein könnte – so viel Bach! Aber das Publikum hier in Duisburg hat mitgemacht, es war spannend für sie. Das habe ich gespürt.“ Wenn Musik so gehört würde, dass am Ende des Konzerts nur noch darüber gesprochen würde, wie toll sie auswendig gespielt habe, wäre sie enttäuscht. „Ich möchte die Wahrheit suchen und das erzählen, was der Komponist ausdrücken wollte“. Und ganz bescheiden ergänzt sie: „Manchmal habe ich gefühlt, dass mir das gelingt und dann bin ich sehr glücklich.“

Anja Renczikowski

Fotos: Marco Borggreve

Auftritte in der Spielzeit 2019/2020: