Narren und Tyrannen

2. Philharmonisches Konzert

Duisburger Philharmoniker

Peter Hirsch Dirigent

Denys Proshayev Klavier

2. Philharmonisches Konzert 2018/19 · Peter Hirsch Dirigent · Foto: Erika Koch

Peter Hirsch Dirigent
Foto: Erika Koch

2. Philharmonisches Konzert 2018/19 · Denys Proshayev Klavier · Foto: Uwe Arens

Denys Proshayev Klavier
Foto: Uwe Arens

April 1945. Europa liegt in Trümmern. Der Ungar Béla Bartók, durch Krieg und Gewaltherrschaft ins amerikanische Exil getrieben, sitzt leukämiekrank in seiner New Yorker Wohnung in der 57. Straße und ringt sich in einem letzten großen Schaffensakt die Partitur des klassizistisch-lichten dritten Klavierkonzerts ab. Sehr viel komfortabler residiert der zuvor von den Nazis hofierte Richard Strauss in Garmisch-Partenkirchen und trauert um seine geliebte Heimatstadt München, in der er ein halbes Jahrhundert zuvor die kecken Sprünge des „Till Eulenspiegel“ ersonnen hatte. Uraufgeführt wurde die brillante Tondichtung 1895 im Kölner Gürzenich. Auch der ist 50 Jahre später eine Kriegsruine.

Béla Bartók stirbt im September 1945 kurz vor der Vollendung des dritten Klavierkonzerts. Der Trauer-Staatsakt für Richard Strauss findet am 12. September 1949 auf dem Münchner Ostfriedhof statt. Der Spiegel berichtet. Vielleicht liest auch Bernd Alois Zimmermann im fernen Köln den Artikel? Der 1918 in Erftstadt geborene Rheinländer etabliert sich zu dieser Zeit gerade als Hauskomponist beim jungen NWDR. Im Auftrag des Senders schreibt er 1951 auch seine „Sinfonie in einem Satz“: ein machtvolles, hochexpressives Werk, in dem der Leidensdruck einer schweren Zeit erschütternden Ausdruck findet. 16 Jahre und einen gewaltigen Wirtschaftsaufschwung später komponiert Zimmermann seine Tafelmusik für Alfred Jarrys grotesken Dramen­helden „König Ubu“. Dem zum Tyrannen aufgestiegenen Spießer wird mit einer aberwitzigen Zitatencollage die Reverenz erwiesen. Zimmermann teilt hier kräftig aus – auch die erfolgreichen Kollegen Boris Blacher und Karlheinz Stockhausen bekommen ihr Fett weg.

Peter Hirsch hat diese beiden Zentralwerke, mit denen die Duisburger Philharmoniker den Komponisten zum 100. Geburtstag ehren, bereits 2016 auf CD eingespielt. Der aus Köln stammende Dirigent ist ein weltweit geschätzter Anwalt der Avantgarde; er hat mit Meistern wie Luigi Nono, Hans Zender und Helmut Lachenmann gearbeitet. Solist in Bartóks Klavierkonzert Nr. 3 ist der ukrainische Pianist Denys Proshayev, dem sich nach seinem Sieg beim ARD Wettbewerb 2002 die Tore der großen Konzertsäle öffneten. In Duisburg debütierte er 2009 im Rahmen der Kammerkonzerte – und kehrte 2016 gemeinsam mit seiner Ehe- und Duopartnerin Nadia Mokhtari hierher zurück.

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