Handgreifliche Leidenschaft

Handgreifliche Leidenschaft

Gustav Mahler hatte sich leidenschaftlich für die Uraufführung der „Verklärten Nacht“ engagiert. Die Wiener um die Jahrhundertwende reagierten allerdings – nicht zuletzt wegen der skandalös-erotischen Färbung der Textgrundlage – mit Unverständnis, das sich in Zischen und sogar Handgreiflichkeiten äußerte. Wie leidenschaftlich die Zuschauer ihre unterschiedlichen ästhetischen Ansichten damals bekämpften, zeigt auch eine Erinnerung von Otto Klemperer: Bei der Aufführung von Schönbergs Kammersinfonie war Mahler fast in eine Schlägerei verwickelt. „Nach der Aufführung begann ein gewaltiger Skandal. Man klatschte, zischte, schrie. Mahler selbst klatschte. Ein Herr neben ihm zischte aus Leibeskräften. Mahler herrschte ihn an: ‚Wie können Sie es wagen zu zischen, wenn ich klatsche?‘ Der Mann: ‚Bei Ihrer Dreckssinfonie habe ich auch gezischt.‘ Mahler: ‚So sehen Sie auch aus!‘ Die beiden wären mit Fäusten aufeinander losgegangen, wenn nicht die Polizei dazwischen getreten wäre.“ Heute ist der Widerstand gegen die „Verklärte Nacht“ in ihrer berückenden und ergreifenden Klangschönheit kaum noch nachzuvollziehen. Jedenfalls werden am 26. / 27. April inspirierte Gedanken, ganz sicher aber keine Fäuste fliegen!

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