Melancholie und Märchenzauber
10. Philharmonisches Konzert
Spielzeit 2015/2016
Giordano Bellincampi
Dirigent
Leonardo Colafelice
Klavier
Duisburger Philharmoniker
Schon lange vor der Oktoberrevolution 1917 war der Untergang des zaristischen Russlands besiegelt. Den Anschluss an die industrielle Entwicklung Europas hatte man verpasst. Im Staatswesen herrschte Korruption; alle Reformbewegungen ließ Zar Nikolaus II. gnadenlos niederknüppeln. Der „Petersburger Blutsonntag“ von 1905 war ein erstes Zeichen drohenden Unheils. Zahlreiche Künstler und Intellektuelle entflohen dem Klima der Gewalt und Unfreiheit in Richtung Westen. Selbst ein zarentreuer Patriot wie Sergej Rachmaninow suchte sein Heil in der Ferne: Für eine USA-Tournee im Jahre 1909 komponierte er sein drittes Klavierkonzert in d-Moll, das er am 28. November mit den New Yorker Philharmonikern aus der Taufe hob.
Pianistischer Glanz begegnet hier einer abgrundtiefen Melancholie – der Schmerz der Entwurzelung, des Heimatverlustes sollte Rachmaninows Musik nie mehr verlassen. Leonardo Colafelice hat diesen Prüfstein spätromantischer Virtuosität bereits mit Spitzenorchestern wie dem Cleveland Orchestra und dem Israel Philharmonic Orchestra zur Aufführung gebracht. Nach spektakulären Wettbewerbserfolgen in Europa und den USA startet der 1995 geborene Italiener derzeit mächtig durch. GMD Giordano Bellincampi, der bereits 2014 in Milano mit ihm musiziert hat, bringt das junge Riesentalent nun auch nach Duisburg.
Wie Sergej Rachmaninow blieb Igor Strawinsky auch im Exil seinen russischen Wurzeln stets treu: „Der Feuervogel“, 1910 in Paris durch Sergej Diaghilews legendäre „Ballets russes“ uraufgeführt, bringt den exotischen Märchenzauber des alten Russlands mit exquisiten Orchesterfarben zu überwältigender Wirkung. Solche Triumphe hat die russische Musik unter den sowjetischen Machthabern nur noch selten feiern können. Aus Dimitri Kabalewskys 1940 komponierter Suite „Die Komödianten“ brachte es immerhin ein kleiner Galopp zu Weltruhm: Aus dem Repertoire der internationalen Zirkuskapellen ist diese launige Petitesse nicht mehr wegzudenken.
In dieser Saison illustrieren Fotoarbeiten von Franck Pizzoferrato die Philharmonischen Konzerte.