„Wie in Mailand…“ – ein Stück Duisburger Stadtgeschichte im Film
Eine Perle der historischen Stadtdokumente
Zum 100-jährigen Jubiläum der Entstehung eines Dokumentarfilms über die Stadt Duisburg zeigen die Duisburger Philharmoniker den Film „Duisburg 1925“ ab Fr 28.08.2020 hier und auf YouTube
Heute scheint oft alles schön geordnet und aufgeräumt – vorbei die Zeiten, als man noch hoffen konnte, auf dem stickigen Dachboden oder modrigen Keller einen Schatz zu entdecken, etwa ein wertvolles Gemälde oder ein paar echte alte Handschriften oder Noten. Noch spannender wird es, wenn sich solche Fundsachen in alten Gemäuern finden. So staunte man beim Renovierungsarbeiten im Hotel Duisburger Hof (Heute das Wyndham Hotel Duisburg) in den 1960er Jahren nicht schlecht, als eine Vielzahl von alten Filmrollen im Keller zum Vorschein kamen. „Was sie dort zufällig entdeckten, ist ein einmaliger Schatz“, erklärt Kai Gottlob, ehemaliger Leiter des Duisburger Filmforums und Filmproduzent. Dieser Schatz ging in das Archiv des Filmforums über. Weit über 200 Filme lagern dort und einige von ihnen sind echte „Perlen“, so Gottlob.
Seit vielen Jahren beschäftig er sich nicht nur mit Filmhistorie, sondern auch mit Stadtgeschichte und erkannte sofort, dass dieser Bestand etwas ganz Besonderes ist, denn die Filme dokumentieren, dass Duisburg mehrmals große Blütezeiten erlebt hat. In den 1950er Jahren mit dem Wirtschaftswunder und in den 1920er Jahren. „Es gab Kohle und Stahl und den günstigen logistischen Standort mit dem Hafen. Es wurde viel hergerichtet und gebaut. Und das wollte man auch zeigen.“ Vor allem in den 1920er Jahren entstanden viele Image- und Werbefilme, die dann in den großen Kinos im Vorprogramm gezeigt wurden. Ein Film stach besonders hervor, ein 80-minütiger Film „Duisburg – Hafen und Industriestadt an Rhein und Ruhr“. Und noch etwas war ganz außergewöhnlich, erklärt Gottlob: „Man holte sich professionelle Teams aus Berlin, die dann auch für die UFA arbeiteten. Das war alles sehr aufwändig, von der Technik und auch von den Kosten.“
Doch wie kamen die Filme in den Keller des Duisburger Hofs? Kai Gottlob erklärt, dass die Stadtverwaltung am Ende des 2. Weltkriegs durchaus den Wert der Filme erkannte. „Der damalige Geschäftsführer des ‚Mercatorpalastes‘, einem der größten Kinos in Deutschland überhaupt, lebte in Bremen und wenn er in Duisburg verweilte, wohnte er im Hotel. Es könnte also sein, dass er die Filme dort sichern wollte“, erklärt Kai Gottlob. „Vielleicht waren aber auch der damalige Oberbürgermeister oder Polizeipräsident verantwortlich, denn im Hotel gab es auch einen Luftschutzkeller. Da die Filme aus Nitrozellulose hergestellt waren, das sehr leicht brennbar ist, wurden sie zum Schutz eingemauert. Es hätte ein Funke gereicht und alles wäre explodiert.“ Nach dem Krieg waren dann all diese Personen aus Duisburg verschwunden und die Filme schliefen sozusagen ihren „Dornröschenschlaf“, wäre es nicht zu den Umbauarbeiten im Hotel gekommen.
Vor einigen Jahren kam die Idee auf, zwar nicht das ganze 80-minütige Epos, aber einen Teil davon mit Musik gespielt von den Duisburger Philharmonikern aufzuführen. „Im Landschaftspark gab es einen nicht ganz so langen Charly Chaplin Film und wir dachten, da passt das gut als Vorfilm.“ 15 Minuten Zeitdokument – sozusagen als „Best of“ hat Kai Gottlob liebevoll zusammengestellt und Cellist und Komponist Friedmann Dreßler hat dazu die Musik geschrieben. „Einiges erinnert an bekannte Werke – so ist es auch ein wenig mit einem Augenzwinkern eine Werbung für das Repertoire der Duisburger Philharmoniker“, so Kai Gottlob. Aber das passe auch sehr schön, denn das Theater, die ehemalige Tonhalle und auch das große Kino sind im Film natürlich auch zu sehen. Ein völlig anderes Stadtbild, denn Duisburg wurde größtenteils im Krieg zerstört. „Auf den Karten der US-Flieger waren die Gebäude alle eingezeichnet und die Königsstraße wurde dementsprechend bombardiert.“ Im Film ist das pulsierende Leben der Stadt in den 1920er Jahren zu sehen. „Kaum vorstellbar heute, wie voll die Straßen waren.“ Gerade heute, wo die Stadt mit ihrem Image zu kämpfen hat, sei es wichtig solche Dokumente zu zeigen, meint Kai Gottlob. „Die Zuschauer sind immer ganz erstaunt, so viel Glanz und Pracht zu sehen. ‚Das ist ja wie in Mailand‘, hat einmal ein Zuschauer gesagt.“
Aber neben all den schönen Bildern, geht es darum, durch so ein Dokument sich mit der Historie und der Gegenwart auseinanderzusetzen. „Die Stadt hat eine Geschichte, die über das heutige Image hinausgeht. Es ist ein historisches Dokument und damit einzigartig“, so Kai Gottlob, der Dokumentarfilmexperte und der Duisburger, der in verschiedenen Stadtteilen gewohnt und gelebt hat, fügt an: „Aber das Wichtigste ist, so ein Film kann den Menschen ein gutes Stück Hoffnung geben.“
Ab Freitag, dem 28.8.20, ist der Film auf dem >> YouTube-Kanal der Duisburger Philharmoniker zu sehen.